Kreis und Stadt nehmen "zweitbeste Option"
Der Neubau der Pestalozzischule soll nun auf dem Gelände der Kerschensteinerschule einen Platz finden. Die Schulleiterin ist skeptisch.


bie. BAD HOMBURG. Der Neubau für die Pestalozzischule soll nicht am Bommersheimer Weg, sondern auf dem Gelände der ehemaligen Kerschensteinerschule an der Urseler Straße errichtet werden. Mit diesem überraschenden Vorschlag haben gestern Oberbürgermeisterin Ursula Jungherr und Landrat Ulrich Krebs (CDU) einen Schlussstrich unter den seit vier Jahren währenden Streit um den bisher vorgesehenen Standort gezogen.


Gegen die Bebauung des Grundstücks am Feldrand der Berliner Siedlung hatte sich kurz nach Bekanntwerden der Pläne im Jahr 2005 eine Bürgerinitiative gebildet, die inzwischen als "Verein Landschaftsschutz Platzenberg" organisiert ist und mehr als 3000 Unterschriften gesammelt hat. Dennoch betrieb die Stadtverwaltung bisher ein Bebauungsplanverfahren, das den Schulstandort sichern, zugleich aber eine weitere Bebauung der Feldgemarkung unterhalb des Platzenbergs verhindern soll.

Jungherr begründete ihren Sinneswandel mit den Parkplätzen an der Berliner Straße. Das im vergangenen Oktober vorgelegte Verkehrsgutachten bewerte zwar die zusätzliche Verkehrsbelastung durch die Schule am Bommersheimer Weg als erträglich. Das gehe aber nur mit Parkverboten im angrenzenden Wohngebiet. Die Bewohner der dortigen Reihen- und Einfamilienhäuser seien auf die Parkplätze an der Straße angewiesen. Wer schwer tragen müsse oder schlecht zu Fuß sei, habe sonst lange Wege zurückzulegen. "Das Problem ist offensichtlich und leicht nachvollziehbar", sagte die Oberbürgermeisterin, weil auch noch der Stadtbus durch die Berliner Straße fahre. Deshalb habe man die bei der Standortuntersuchung nur als bedingt geeignet eingestuften Flächen noch einmal überprüft und sei auf die Kerschensteinerschule an der Jacobistraße neben dem Krankenhaus gekommen.

Die Gebäude der früheren Berufsschule, deren Ausbildungsgänge 2003 in die Hochtaunusschule nach Oberursel verlagert wurden, dienen seither immer wieder als Ausweichquartier, etwa als Dependance der Feldbergschule. Diese solle nach Oberursel oder Kronberg verlagert werden, sagte Landrat Krebs. Zwei Klassen der Heinrich-Kielhorn-Schule, die ebenfalls an der Jacobistraße untergebracht seien, wolle man mit anderen ausgelagerten Klassen an einem einzigen Standort zusammenführen. Für die beiden von der Kindertagesstätte genutzten Räume müsse die Stadt eine Lösung finden. Krebs hob noch einmal hervor, dass der Standort am Bommersheimer Weg besser geeignet sei. Mit fast 16 000 Quadratmetern gebe es dort deutlich mehr Platz als auf dem 11 000 Quadratmeter großen Grundstück der Kerschensteiner-schule. Um den Raumbedarf der Pestalozzischule zu erfüllen, müsse der Neubau daher drei statt wie vorgesehen zwei Geschosse haben.

Krebs und Jungherr nannten die drohende juristische Auseinandersetzung als weiteren Grund, nach einer Alternative zu den bisherigen Plänen zu suchen. "Die Schule braucht eine verbindliche Perspektive. Deshalb haben wir uns schweren Herzens für die zweitbeste Option entschieden", sagte der Landrat. Für den neuen Standort könne Anfang 2010 der Architektenwettbewerb ausgeschrieben werden. Bei einem Baubeginn im Frühjahr 2012 wäre die neue Pestalozzischule zwei Jahre später fertig. Ohne den Abriss der Altbauten schätzt der Kreis die Baukosten grob auf etwa 21 Millionen Euro.

Seit Jahren ist ein Neubau für die Pestalozzischule geplant, weil die alten Gebäude an der Wiesbadener Straße zu klein geworden waren. In der Förderschule für Lernhilfe und Sprachheilschule werden inzwischen 180 Kinder von der Vorklasse bis zur neunten Stufe unterrichtet. Wegen der besonderen Bedürfnisse ihrer Schüler hält Schulleiterin Cornelia Schwarz-Mager das Gelände der Kerschensteiner-schule für ungeeignet. Es sei zu klein und biete, anders als das gerade ausreichende Grundstück am Bommersheimer Weg, keinerlei Zugang zur Natur. Sie habe am Montag von den neuen Überlegungen erfahren. "Die nehme ich zunächst einmal zur Kenntnis", sagte Schwarz-Mager. Der Vorschlag müsse jetzt genau geprüft werden.

Für die Bürgerinitiative kam die Nachricht gestern völlig überraschend. "Das wäre absolut wünschenswert und phantastisch", sagte Sprecherin Karin Spies über die Entwicklung. Der Verein habe immer zeigen wollen, dass der Bommersheimer Weg für eine Schule ungeeignet sei. Jetzt hoffe man selbstverständlich, dass das Verfahren für den Neubau der Pestalozzischule am neuen Standort zügig abgewickelt werden könne. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Alfred Etzrodt sprach von einer "guten Entscheidung" als Ergebnis langer Überlegungen, in die er und der Parteivorsitzende Thorsten Bartsch eingebunden gewesen seien.


Text: F.A.Z., 04.03.2009, Nr. 53 / Seite 45